Diese bösen Jesuiten!

Ausgangspunkt unserer heutigen Betrachtungen ist ein gerade neu erschienenes Buch. Es heißt im Obertitel
„Drahtzieher der Macht“ Untertitel: „Die Bilderberger – Verschwörung der Spitzen von Wirtschaft, Politik und Medien“. Und dazu hat das blaue Büchlein aus dem Knaur-Verlag noch eine Aufschrift im Stil eines „Top Secret“-Stempels quer über den Buchdeckel. Text: „Die geheimen Hintergründe“.
Als Autor zeichnet der bekannte Journalist Gerhard Wisnewski. Wir werden also, folgt man dem Buchdeckeltext, für 12.95 Euro eingeführt in die intimsten Geheimnisse der Macht auf unserem Planeten. Ein Schnäppchen, könnte man sagen. Nun, nachdem neulich die Orangen im Sonderangebot einfach nur trocken und geschmacksneutral waren, sind wir gegenüber Schnäppchen ein bißchen vorsichtig geworden. Das Büchlein von Gerhard Wisnewski soll uns also zumindest als Anlaß dienen, einmal verstärkt über den sagenumwobenen Geheimclub der Bilderberger nachzudenken. Und darüber, wie unsere Erde mit ihren schätzungsweise 8 Milliarden Menschen eigentlich regiert wird.
Verschwörungstheorien sind ja das Salz in der Suppe unserer zahlreichen Polit-Astrologen. Daß da an einigen Rädchen der Weltgeschichte kunstvoll gedreht wurde, ist nicht zu übersehen. Immer wieder scheinen politische Ereignisse eine vollkommen verkrümmte Wendung zu nehmen. Eine Wendung, die unlogisch erscheint. Und immer wieder wirken Kräfte, die in der Öffentlichkeit gar nicht wahrgenommen werden. Kaum hat Kennedy sich mit Chruschtschow ein bißchen angefreundet, fliegen auch schon aus verschiedensten Richtungen Kugeln durch seinen Kopf. Kaum will Papst Johannes Paul der Erste mit den Mafia-Kontakten des Vatikan aufräumen, liegt er auch schon tot im Bett.
Oder, weniger spektakulär: da wird Joschka Fischer durch das Votum seiner pazifistischen Wähler zum Außenminister gewählt. Da fängt er auch schon einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen Jugoslawien an. Um es deutlicher zu sagen: Joschka von der Friedenspartei macht da weiter, wo Hitler 1945 aufhören mußte. Und sein Kanzler Gerhard Schröder wird mit überwältigender Mehrheit ausgestattet, mit dem Wählerauftrag, die soziale Gerechtigkeit und die Rechte der kleinen Leute auszuweiten. Um sodann in seiner Agenda 2010 die radikale Wurzelrodung unserer in Generationen mühsam errichteten Sozialsysteme einzuleiten. Um das Vermögen des deutschen Volkes auf den Roulettisch der internationalen Finanz-Zocker zu schleudern. Um demokratisch legitimierte Staatssekretäre durch Mitarbeiter großer Banken und Konzerne auszutauschen.
Also: in jedem der genannten Beispiele haben offensichtlich Kräfte Einfluß genommen, deren Wirken der Öffentlichkeit verborgen ist. Und, diese Binsenweisheit muß mal wieder ausgesprochen werden: die zwingende Voraussetzung jeder Demokratie ist: Öffentlichkeit. Daß jeder mündige Bürger jederzeit an jedem Ort nachvollziehen kann, wer welche die Allgemeinheit betreffenden Entscheidungen unter welchen Umständen getroffen hat. Daß dies bei uns schon lange nicht mehr der Fall ist, darüber müssen wir gar nicht groß debattieren.
Stellt sich also die berechtigte Frage: wer scheut denn da das Licht der Öffentlichkeit? Sind all diese Abweichungen von den gemeinsam getroffenen Abmachungen zufällig entstanden, oder hat da „jemand dran gedreht“? Und zu dieser Frage: wer hat wie an welchen Schrauben gedreht, und wo will derjenige Schraubendreher das große Fahrzeug hinsteuern, gegen den Willen seiner Passagiere: zu dieser Frage gibt es ganze Heerscharen von Verschwörungstheoretikern. Früher haben sie ihr Geld gemacht mit verschwörungstheoretischen Heftchen. Heute quillt das Internet über von Verschwörungswebseiten. Der weltweiten Verschwörung wurden unter anderem verdächtigt: die Christen, die Juden, die Freimaurer, die Jesuiten, die Illuminaten, die Kommunisten, Araber, Muslime oder auch Außerirdische. Besonders in den USA blüht eine rechtsextreme, staatsferne paranoide Szene von Verschwörungstheoretikern. Deren Hohlkopfgeburten werden des Öfteren auch von deutschen Verschwörungs“experten“ nachgeblökt. Und das hat zur Folge, daß die Frage: hat da jemand hinter dem Rücken der demokratischen Öffentlichkeit manipuliert und gedreht? von vorneherein den Geruch von Unseriosität erhält.
Das ist die Ausgangslage. Insofern kann man auch zunächst nur sarkastisch lachen, wenn ein Buch in einem bekannten Mainstream-Verlag uns die „geheimen Hintergründe“ einer Verschwörung nahebringen will. Immerhin kann sich der Knaur-Verlag sicher sein, daß ein Buch von Gerhard Wisnewski sich ganz ordentlich verkaufen wird. Wisnewski hat früher für das Fernsehen Sendungen produziert, unter anderem für das Politmagazin Panorama. Er hat, und das ist verdienstvoll, dokumentiert, wie der US-amerikanische Geheimdienst NSA vollkommen widerrechtlich in unseren E-Mails, Telephongesprächen und Briefen herumschnüffelt. In dem Buch „Das RAF-Phantom“ ist Wisnewski der Frage nachgegangen, ob die professionell durchgeführten Attentate der sog. „Dritten RAF-Generation“ tatsächlich von militanten linken Stadt-Guerilleros begangen sein könnten. Und die von Wisnewski zusammengetragenen Indizien lassen eher den Schluß zu, daß internationale Geheimdienste die perfekt ausgeführten Attentate an Alfred Herrhausen und Detlef Karsten Rohwedder auf dem Gewissen haben, als irgendwelche nervösen Terrordilettanten aus der linken Szene. Dann hat Wisnewski auch noch ein Buch zum rätselumwitterten Anschlag auf das World Trade Center in New York am 11. September 2001 veröffentlicht.
Nun also das Wisnewski-Buch zu den sagenumwobenen Bilderbergern. Wer sind die Bilderberger?
Seit 1954 treffen sich jedes Jahr mindestens einmal 120 Personen aus Wirtschaft, Politik, Medien, Kultur. Aber auch gekrönte Häupter wurden dort gesichtet. Die meisten Teilnehmer sind nur ein- oder zweimal da. Aber es gibt einen harten Kern von Mitgliedern superreicher Dynastien. Aus den USA sind die Rockefellers, meistens in personam David Rockefeller, dauernd anwesend. Ebenso die schwedische Dynastie der Wallenbergs, die sich an den beiden Weltkriegen dumm und dämlich verdient haben. Neben den ausgesuchten Superreichen sind einige Chefideologen permanent anwesend. Zum Beispiel Henry Kissinger oder Zbigniew Brzezinski. Ungefähr ein Drittel der Bilderberg-Teilnehmer stammt aus den USA. Die restlichen zwei Drittel stammen aus Europa. Der harte Kern der Superreichen und ihrer Ideologen laden immer wieder Gäste ein, von deren Fähigkeiten sie sich eigene Vorteile für die Zukunft versprechen.
Die Bilderberg-Gruppe wurde 1954 in dem Hotel „De Bilderberg“ in den Niederlanden gegründet und bis in die Mitte der Siebziger Jahre hatte Prinz Bernhard der Niederlande dort den Vorsitz der Versammlungen inne. Der erklärte Zweck der Veranstaltungen liegt darin, Mißverständnisse und Reibungen zwischen den Eliten der USA und den Eliten in Europa auf diesem Wege der informellen Begegnungen auszuräumen. Bis in die späten Sechziger Jahre waren die Bilderberg-Treffen der Öffentlichkeit vollkommen unbekannt geblieben. Dann jedoch nahm das öffentliche Gemurmel aus Gerüchten und Mutmaßungen kontinuierlich zu. Daraufhin rang sich das Sekretariat der Bilderberger dazu durch, unmittelbar nach den Bilderberg-Treffen eine Presse-Erklärung zu veröffentlichen. Neben einer – vermutlich unvollständigen – Teilnehmerliste wurde der Presse eine kurze Erklärung hingeworfen, worüber in etwa dort gesprochen wurde. Niemals jedoch wurden konkrete Redebeiträge von bestimmten Personen an die Öffentlichkeit gegeben. Über Details der Unterredungen wird bis heute strengstes Stillschweigen bewahrt. Die Bilderberger betonen immer wieder, ihre Treffen seien rein privater Natur, und darum für die Öffentlichkeit irrelevant.
Hier setzt nun Wisnewskis Buch an. Wenn diese Bilderberger-Treffen so ein rein privater Smalltalk sind, dann müßte man doch mühelos in das entsprechende Hotel, wo die Reichen und die Schlauen tagen, sich einloggen können, und dort unbehelligt herumspazieren? Die Bilderberger tagen im Jahre 2009 in einem schicken Strandhotel am Rande von Athen. Wisnewski jettet dort hin. Und siehe da: schon hunderte von Metern vor dem betreffenden Hotel ist alles von schwarzen Sicherheitsmännern abgeriegelt. Und zwar nicht durch private Security, sondern durch alle Arten staatlicher Gewaltorgane: Polizei, Kripo, Einsatzstaffeln, Geheimdienste usw. Als Wisnewski mit Journalistenkollegen per Segelboot einen Blick von der Strandseite her ergattern will, werden unsere Freunde großräumig von der Marine abgedrängt.
Es handelt sich also mitnichten um eine private Party. Der griechische Steuerzahler berappt nicht unerhebliche Summen für den Objekt- und Personenschutz einer sich privat deklarierenden Gruppierung. Also: eindeutig handelt es sich hier um eine Veranstaltung mit regierungsähnlichem Charakter.
Die Frage stellt sich also: wie kommt es, daß sich hier eine offenkundig staatsrelevante Gruppe vor der Öffentlichkeit tarnt? Gibt es Gründe, die Öffentlichkeit zu scheuen? Werden bei den informellen Treffen möglicherweise Entscheidungen vorausgedacht, die eine große Öffentlichkeit dringend angehen. Werden hier möglicherweise Weichenstellungen verabredet, die das Schicksal ganzer Völker betreffen?
Nachdem uns Gerhard Wisnewski auf 120 Seiten sein kleines Abenteuer mit den Bilderbergern in Athen in allen Einzelheiten geschildert hat, spürt er den Ursprüngen dieses Eliteclubs nach. Demzufolge ist der Bilderberger Kreis eine „Erfindung“ eines weithin unbekannten, gleichwohl ungemein begabten Mannes. Sein Name: Joseph Hieronim Retinger. Retinger stammt aus Polen. Schon nach dem Ersten Weltkrieg ging er auf den französischen Präsidenten Clemenceau zu, um ihm die Vorzüge eines vereinten Europas schmackhaft zu machen. Allerdings blitzte Retinger bei dem verknöcherten Deutschenhasser ab. Der Einfluß Retingers nahm zu, nachdem er im Zweiten Weltkrieg als Verbindungsmann zwischen dem britischen Geheimdienst und dem polnischen Widerstand gegen die Nazis in halsbrecherischen Aktionen als Fallschirmspringer in Polen landete und den Freiheitskämpfern Geldpakete aus England mitbrachte.
Nach dem Krieg gründete Retinger zusammen mit dem belgischen Regierungschef Paul van Zeeland die „European League for Economic Cooperation“, kurz: ELEC. Die Frage ist, ob Retinger und Zeeland aus eigenem Antrieb handelten, oder ob die Anregung zum Vereinten Europa aus den USA stammte. Denn dort wurde ja praktisch seit dem Eintritt der USA in den Zweiten Weltkrieg über eine neue supranationale Weltordnung nachgedacht. Nationen sollten tunlichst zurückgebaut werden. Denn Nationalismus und nationale Grenzen hinderten den Handel zwischen den Volkswirtschaften und beförderten nur, daß es Kriege gab. Deswegen waren bei der Konferenz von Bretton Woods im Jahre 1944 bereits die Grundlagen für eine Art Weltregierung gelegt worden, mit den vier Organisationen: Weltbank, Internationaler Währungsfond, Internationale Handelsorganisation und schließlich den Vereinten Nationen.
Europa erschien den Oligarchen in den USA besonders gut geeignet für neue post-nationale Ordnungssysteme. Denn Europa war pleite, weite Bereiche des Kontinents glichen einer Mondlandschaft. Die Nationalstaaten waren schwach. Eine Reihe von Staaten waren zudem moralisch kompromittiert. Und so gründete sich 1948 in den USA das „American Committee for a United Europe“, kurz: ACUE.
War es Selbstlosigkeit und Mitleid mit den gebeutelten Vettern in Europa, die hier die Hand führten?
Sicher nicht. Das Projekt wurde von der Rockefeller-Stiftung gefördert. Bemerkenswert ist das Personal der ACUE. Da finden sich nämlich durch die Bank amerikanische Bürger, die gerade eben noch das Nazi-Regime tatkräftig gefördert hatten. Zum Beispiel William Donovan, seines Zeichens ehemaliger Chef des Geheimdienstes OSS. Donovan hatte Nachrichten aus Europa über den Holocaust an den Juden an ihrer Veröffentlichung in den USA gehindert. Oder Allen Dulles, später Chef des CIA. Dulles hatte in der New Yorker Kanzlei Sullivan und Cromwell den Handel mit den Nazis tatkräftig gefördert. Oder Senator Burton Wheeler. Der hatte sich im Washingtoner Kongreß mit Händen und Füßen gegen ein US-amerikanisches Eingreifen gegen die Nazis gewehrt.
Und jetzt, nachdem die Nationen Europas sich durch den Zweiten Weltkrieg als Konkurrenten der USA disqualifiziert hatten, zogen die Freunde aus Amerika die Spendierhosen an, um ein nach ihrem Gusto geordnetes Europa mit offenen Grenzen für US-amerikanisches Kapital zu schmieden. ELEC und ACUE veranstalteten im Mai 1948 im niederländischen Den Haag die „European Conference on Federation“. 18 ehemalige Regierungschefs und 28 ehemalige Außenminister verliehen der Versammlung das nötige Gewicht. Die Eröffnungsrede, geschrieben von Retinger, hielt der drei Jahre zuvor wegen seiner Kriegspläne gegen die Sowjetunion vom britischen Volk aus dem Amt gejagte Ex-Premierminister Winston Churchill. Es war klar: die europäischen Nationen sollten zu einem synchronisierten Organismus im Kampf gegen den Sowjetblock zusammengeschweißt werden. Zudem sollten sie den überschüssigen Wirtschaftsoutput der USA absorbieren.
Und dann 1954 Retingers nächster großer Coup: die Zusammenführung der Eliten der USA und Europas auf einer Konferenz im Hotel de Bilderberg. Und Wisnewski sieht ab diesem historischen Punkt immer eine klare Ursache-Wirkungs-Beziehung: 1954 forderten die Bilderberger ein vereintes Europa. Und siehe da: 1957 schließen sich die Staaten: Frankreich, Italien, Deutschland sowie die Benelux-Staaten zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft zusammen. Dann zeigt Wisnewski uns nur noch ein weiteres Beispiel für diese Bilderberg-Kausalität. Der Text des Viermächte-Abkommens für Berlin sei komplett von den Bilderbergern ausgearbeitet und formuliert worden. Beweis: Mitte der Neunziger Jahre hätte zu vorgerückter Stunde dieses ungeheure Geheimnis kein Geringerer als Henry Kissinger im Berliner Haus der Kulturen der Welt ausgeplaudert. Wir wissen also jetzt, daß sich auch die Sowjetunion ihre Vertragstexte von den Bilderbergern diktieren ließ!
Und da sich seriöse, aber Hirnschmalz herausfordernde Studien über Machtstrukturen, wie sie z.B. der Soziologe Krysmanski der Öffentlichkeit unentgeltlich zur Verfügung stellt, nicht gut verkaufen, muß Wisnewski seine mageren Erkenntnisse im „Tatort“-Format präsentieren. So stellt er die reißerische Frage, ob die Bilderberger eine „globale Mafia“ seien, oder die deutschen Bilderberger Teil einer deutschen Mafia? Eine solche sex and crime Formatierung bringt nun gerade bezüglich der Bilderberger keinerlei Erkenntnisgewinn. Mafiosi sind ja nun mal Leute, die trotz aller Anstrengung nie den Sprung geschafft haben in das ehrenhafte öffentliche Leben. Sie sind nun mal zu klein, zu ungebildet, eben ewige Emporkömmlinge. Aber der Bilderberger David Rockefeller ist doch ein in den USA hochgeachteter Multimilliardär, der nur deshalb die Öffentlichkeit scheut, weil diese ihm unter seiner Würde erscheint.
Und so kommt beim Strukturvergleich der Bilderberger mit der Mafia bei Wisnewski rein gar nichts heraus. Vielmehr zeigt er schlichtweg noch einmal auf, daß im Bilderberger-Club hochpotente Alphatiere sitzen, deren Macht sich nicht nur aus ihrem unvorstellbaren Kapitalvermögen speist, sondern auch aus dem dichtgesponnenen Netzwerk. Hier sitzen Leute, die teilweise 50 Aufsichtsratsmandate auf ihre Person konzentrieren. Und es ist eben nicht interessant, was diese Leute auf dem Kerbholz haben, sondern wie sie zusammenwirken. Und auch Wisnewsi fällt auf, daß es seit 1921 den Council on Foreign Relations gibt, „…eine Art Drehtür und Durchlauferhitzer zwischen Banken, Öl-, Großindustrie, Regierung und Geheimdiensten“, wie Wisnewski richtig feststellt. Und er sagt sogar: „Der ‚Council‘ ist das eigentliche Gehirn der Vereinigten Staaten“. Richtig. Und Wisnewski weiter auf dem richtigen Pfad: „Die Bilderberger sind der eropäische Transmissionsriemen des fast rein amerikanischen ‚Council‘. Das ‚amerikanische Drittel‘ bei den Bilderbergern rekrutiert sich fast nur aus ‚Council‘-Personal, das dieses Gremium nutzt, um Europa auf die amerikanische Linie einzustimmen.“
Bingo!
Und noch ein Lichtblick: so wie die US-Oligarchie die europäische Oligarchie und deren Domestiken unter anderem über die Bilderberg-Runde auf ihre Linie trimmt, so hat wiederum die Trilateral Commission sich seit 1973 darauf spezialisiert, die restlichen Kontinente auf US-Linie einzuschwören. David Rockefeller und Zbigniew Brzezinski begrüßen in der Trilateral Commission Oligarchen aus Japan und der Volksrepublik China.
Doch gehen wir jetzt mal von dieser weltumspannenden Oligarchen-Vernetzung herunter auf unser kleines Deutschland. So mancher politischer Blitzaufstieg in den letzten Jahren kam uns ja doch irgendwie seltsam vor. Offensichtlich minderbegabte Zeitgenossen sind in Nullkommanix nach oben gespült worden. Hat das was mit den Bilderbergern zu tun? Wir haben ja auch einige deutsche Dauergäste in der Bilderberg-Konferenz. Da sehen wir seit Bestehen des Suprerreichen-Klubs jedesmal einen Vertreter der Deutschen Bank. Lange Jahre war Hilmar Kopper für die Deutsche Bank bei den Bilderbergern. Seit geraumer Zeit ist Joseph Ackermann dabei.
Und seltsamerweise sind immer Leute von der ach so liberalen Wochenzeitung die Zeit mit am Tisch: früher stets Theo Sommer, seit einigen Jahren Matthias Nass und der weltweit herumgeisternde Zeit-Herausgeber Josef Joffe. Helmut Schmidt war früher schon als Bundeskanzler da, und später dann als Zeit-Herausgeber. Otto Schily war da. Der Schöpfer des hochdefizitären Daimler-Chrysler-Konzernboliden, Jürgen Schrempp, war da. Steuerflüchtling und Deutsche Post-Totengräber Klaus Zumwinkel war da.
Tja, Gerhard Wisnewski sieht direkte Zusammenhänge zwischen Regierungswechseln in Deutschland und vorherigen Bilderberg-Treffen. Otto Graf Lambsdorff soll 1982 im Auftrag der Bilderberger die sozialliberale Koalition gekillt haben. Und im Jahre 2005 erschien der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder bei den Bilderbergern. Aber auch Oppositionschefin Angela Merkel. Schrödi habe die Bilderberger vorzeitig verlassen. Frau Merkel jedoch sei bis zum Schluß geblieben. Dann habe Schröder eine verlorene Landtagswahl zum Anlaß genommen, über ein übel getrickstes konstruktives Mißtrauensvotum vorzeitige Neuwahlen zu erzwingen. Tatsächlich ein Wählerbetrug und eine Demolierung der demokratischen Kultur ohne Gleichen. Gerhard Schröder sei durch die Bilderberger zum politischen Selbstmord gezwungen worden.
Und dann sind wir ganz neugierig durch die Kapitelüberschrift „Der Aufstieg des Guido W.“. Wir erfahren bei Wisnewski aber nur, daß die FDP ein Umfragehoch hatte, und daß dann der Guido von der Westerwelle zum Bilderberg-Treffen eingeladen wurde.
Mager.
Dann heißt ein Kapitelchen „Roland Koch ante Portas“. Naja, das war ja auch ein Ding, wie der Roland Koch durch eine beispiellose Trickserei wie Phönix wieder aus seiner korrupten Asche erstanden ist. Bei Wisnewski erfahren wir aber leider nur eine andere Seltsamkeit: entgegen traditionellen Gepflogenheiten wurde die amtierende Kanzlerin Angela Merkel von der CDU vor der Bundestagswahl nicht zur Kanzlerkandidatin ausgerufen. Auch auf Anfrage von Wisnewski wollte die CDU-Zentrale nicht eindeutig erklären, daß Frau Merkel nach gewonnener Wahl wieder als Kanzlerkandidatin antritt. Und: bei dem Bilderberg-Treffen 2009 in Athen war Roland Koch eingeladen worden, jedoch nicht Kanzlerin Angela Merkel. Soll womöglich in Bälde Angela Merkel ihr Amt an Roland Koch weitergeben, damit Letzterer dann eine noch schärfere Gangart im Sozialabbau und Volksausraubung durchzieht? Auszuschließen ist das keineswegs.

Aber hat uns denn mit diesen Vermutungen und Gerüchten Gerhard Wisnewski die „Geheimen Hintergründe“ geliefert, die wir brauchen, um uns gegen die Volksausplünderung zur Wehr setzen zu können?
Die Antwort lautet ganz klar: nein!
Wisnewski weiß auf der Faktenebene überhaupt gar nicht mehr, als was man aus Blogger-Seiten sowieso schon lange weiß. Mit den 120 Seiten Reisebericht zu den Bilderbergern in Athen sowie vielen, vielen Seiten, auf denen er seine Korrespondenzen mit Bilderbergern ausführlich, einschließlich Höflichkeitsfloskeln und Adressierung dokumentiert, hat er schon ungefähr die Hälfte der insgesamt 280 Textseiten gefüllt.
Und während sich Gerhard Wisnewski in seinem Buch „Das RAF-Phantom“ damit bescheidet, Indizien und Ungereimtheiten überzeugend zusammenzutragen, versteigt sich der Autor in seinem Bilderberg-Buch in den Versuch, die Welt zu erklären. Wir erfahren nämlich schon recht früh, daß die Bilderberger ein Instrument der Jesuiten seien.
Sie haben richtig gehört.
Ein alter Ladenhüter der Verschwörungsszene feiert frohgemute Urständ‘.
Die gerissenen Jesuiten würden die Reichen und Mächtigen dieser Welt im Bilderberg-Forum für sich einspannen, um die Weltherrschaft zu erringen! Als schlagender „Beweis“ dient Wisnewski, daß der Begründer und Spiritus Rector der Bilderberger, nämlich Joseph Hieronim Retinger, diesem Orden angehörte. Und dann findet Wisnewski doch auch immer wieder Bilderberger, die irgendwann auf einer jesuitischen Universität studiert haben. Und diese ganze Geheimniskrämerei, diese gezielte Beeinflussung der Alphatiere – das ist doch alles nur: jesuitisch!
Wisnewski überrascht uns u.a. mit der „Erkenntnis“, daß die Abspaltung der USA von England ein Werk der Jesuiten war. Auch über den Council on Foreign Relations klärt uns Wisnewski auf: „Der ‚Council‘ gilt ebenfalls als von Jesuiten gesteuert.“
Nun nennt man bekanntlich die Oligarchie der USA: WASPs, White Anglo Saxon Protestants, und Pogrome gegen katholische Einrichtungen gehörten in den USA bis in die Vierziger Jahre des letzten Jahrhunderts zum Alltag. Die Katholiken haben nach dem Zweiten Weltkrieg enorm an Einfluß in den USA gewonnen. Aber daß sich evangelikale Fundamentalisten oder zynische Atheisten von Jesuiten steuern lassen könnten, ist absolut lächerlich.
Anstatt solide zu recherchieren, hat Gerhard Wisnewski hier ein Buch mit heißer Nadel gestrickt. Weder Wisnewski noch den zahlreichen Lektoren sind eine Menge von Faktenfehlern aufgefallen, die eigentlich jeder normal gebildete Mensch sofort entdeckt. Wie hieß zum Beispiel jenes Bundesland, in dem Gerhard Schröders SPD die Mehrheit und die Regierungsgewalt verlor, woraufhin Schröder dann die Bundestagswahl auf 2005 vorzog? Richtig! Nordrhein-Westfalen. Aber in Wisnewskis Buch steht viermal hinter einander: Niedersachsen.
Da gibt es einen ultramächtigen Geheimbund, der Politik, Wirtschaft und Medien unter seiner strengen Kontrolle hat. Und trotzdem kann ein Mainstream-Verlag die „Geheimen Hintergründe“ dieser mächtigen Konspirateure offenlegen? Wisnewskis Buch belegt auf ein Neues, daß die Quadratur des Kreises nicht möglich ist. Mit seiner törichten Jesuiten-Theorie hat Gerhard Wisnewski lediglich eine neue ideologische Nebelkerze in den öffentlichen Raum geschleudert.
Es ist nämlich tatsächlich so, daß die Nationalstaaten von interessierter Seite systematisch zerschlagen werden. Dazu dient in der Tat auch die Europäische Union, mit ihrem Lissabon-Vertrag. Dazu dient die systematische Ultraverschuldung der Staaten durch unsinnige Ausgaben wie die Abwrackprämie, oder den für den Staat unergiebigen Kreditgaben an Finanzjongleure. Oder auch die in der Verfassung eingebaute Schuldenbremse. Ab 2011 wird der Staat auf eine reine Nachtwächterfunktion zurückgefahren. Die demokratisch legitimierten Instanzen sind dann arbeitsunfähig. Die Gelassenheit, mit der das Volk seine eigene Vertierung, Enteignung und Entrechtung hinnimmt, ist schier unglaublich.
Es sind aber nicht die Jesuiten, die den Staat zerschlagen wollen, sondern die großen Konzerne und Banken, die, so lehrt es nach wie vor die Theorie der Kapitalakkumulation, wachsen müssen, um nicht einzugehen.
Albrecht Müller hat in seinem Buch „Die Reformlüge“ deutlich und unmißverständlich gezeigt, wie z.B. die guten öffentlich-rechtlichen Krankenkassen und Rentenkassen von gesteuerten Politikern und Medienknechten madig gemacht werden. Ganz einfach deswegen, weil die gesetzlichen Kassen immer noch 80% des gesamten Volumens in diesem Bereich ausmachen, und die privaten Kassen sich diesen Markt auch noch – salopp gesagt – unter den Nagel reißen wollen. Und so ist es in allen Bereichen. Die Tage sind gezählt, an denen man noch öffentliche Plätze wie Straßen, Strände und Erholungsgebiete eintrittsfrei betreten kann. Die Tage sind gezählt, an denen man noch kostenlos zur Schule gehen kann. Ärzte fragen schon jetzt zuerst, ob man privat versichert sei.
Lassen Sie sich nicht durch solchen Kinkerlitz wie Wisnewskis Buch davon abbringen, Gravitationszentren der Macht wie die Bilderberger genau zu beobachten. Im Council on Foreign Relations, bei den Bilderbergern, der Trilateral Commission, der Mont Pelerin Society werden die politischen Paradigmen in freier, auch kontroverser Diskussion entworfen, und unter Ausschluß demokratischer Öffentlichkeit in der Gesellschaft orchestriert. USAControl wird Ihnen weiterhin diese Strukturen vorstellen.