Natürlich darf McCain nicht Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika werden. Der Mann wird von früheren Mitarbeitern als unberechenbar beschrieben. McCain kann ohne weiteres als rechtsextremer Wirrkopf eingestuft werden.
Also hofft alles auf Barack Obama, der allein schon durch seine afroamerikanischen Roots einen Neuanfang in der verfahrenen US-Politik verheißt. Mit ihm verbinden sich Hoffnungen, daß die verantwortungslose Prasserei und Arroganz der allmächtigen Oligarchie der USA aufhören möge. Obama ist außerhalb der USA deshalb so ungeheuer beliebt, weil mit ihm die Erwartung verknüpft wird, daß er als neuer US-Präsident mehr auf die Meinung der Weltöffentlichkeit hören und selbige mit militärischen Eskapaden verschonen möge.
Genießen wir die momentane „Ruhe“, das neutrale weiße Rauschen, das aus Washington zu uns herüberbratzelt. Der normale Terror zweier Großkriege – Afghanistan und Irak – sowie gemäßigt geschürte Brandherde am Horn von Afrika, im Kaukasus, im Kongo und jenseits des Ural sind die Ruhe vor dem Sturm, die uns das Verfalldatum des scheidenden Präsidenten George Bush beschert. Genießt die Ruhe vor dem Sturm, spendiert von der „lahmen Ente“ (lame duck), des dümmsten US-Präsidenten aller Zeiten.
Was dann kommt, so verheißen uns McCain, Obama und dessen Vizepräsidentschaftsanwärter Joseph Biden unisono, wird fürchterlich. Und die Leute draußen im Lande wollen nicht wahrhaben, daß die gerade gennanten Herrschaften genau das meinen, was sie sagen. Ohren zu und durch. Da verspricht Obama der Israel-Lobby AIPAC hoch und heilig einen Krieg gegen den Iran. Naja, so sagen die Berufsoptimisten, er muß halt den Mächtigen ordentlich was versprechen, um überhaupt ins Weiße Haus zu gelangen. Tatsächlich gab es mal gebrochene Wahlversprechen gegenüber den Mächtigen in der US-Geschichte. Franklin D. Roosevelt versprach einen ausgeglichenen Haushalt, um dann als Präsident eine gezielte Staatsverschuldung zur Ankurbelung der Konjunktur durchzuführen. Zudem erzwang er eine Umverteilung von oben nach unten. Daraufhin hatte FDR ein Attentat und einen Putschversuch zu überstehen. Wie es John F. Kennedy erging, ist allgemein bekannt.
Bei Obama ist eigentlich nicht damit zu rechnen, daß er die Israel-Lobby und den Militär-Industriellen Komplex belügen wird. Dabei gibt es in der Oligarchie der USA durchaus einen Kampf zweier Linien, zumindest was die Außenpolitik betrifft:
* Die eine Linie wünscht mehr „Multilateralismus“. Die Vertreter dieser Linie erkennen an, daß die Macht der USA auf Dauer schwinden wird. Deswegen will man das Betriebssystem „US-Finanzkapitalismus“ durch übernationale Bündnissysteme dauerhaft gegen Verfall sichern. Diese Linie will auch den Iran, China und Rußland in das Bündnissystem einbinden. Befürworter dieser Richtung finden sich vor allem im Council on Foreign Relations und in der Trilateral Commission.
* Auf der anderen Seite stehen die „Unilateralisten“. Diese Leute behaupten, daß die USA so stark sei, daß sie mit militärischer Aufblähung und militärischer Totschagtaktik sich noch mindestens ein weiteres Jahrhundert an der Spitze halten kann. Dafür steht das Project for a new American Century. Ein irrationales Element in dieser Konzeption ist die unverbrüchliche Partnerschaft zwischen USA und Israel, mit der die ganze restliche Welt in Schach gehalten werden soll.
Sowohl McCain als auch Obama haben sich unmißverständlich für die letztere Option ausgesprochen. Und was Obama noch im Unklaren gelassen hat, das ist durch die Wahl von Joseph Biden als seinen Kandidaten für das Amt des Vizepräsidenten eindeutig geregelt. Joe Biden hat als außenpolitischer Experte der Demokraten im Washingtoner Senat dafür gesorgt, daß trotz demokratischer Mehrheit die Außenpolitik von Präsident Bush zu hundert Prozent durchgesetzt werden konnte. In allen zentralen außenpolitischen Fragen vertrat Biden Bushs Positionen .
Ob McCain, ob Obama: der Fahrplan für den nächsten Großkrieg ist bereits komplett ausgearbeitet, und welchen Namen der Präsident trägt, der ihn dann auszuführen hat, ist völlig egal. Der Journalist Knut Mellenthin hat die deutsche Öffentlichkeit auf eine Denkschrift aufmerksam gemacht, deren Inhalt sich auffälig deckt mit den Kernaussagen Obamas und Bidens. Herausgegeben hat die Denkschrift mit dem Titel: „Meeting the Challenge – U.S. Policy toward Iranian Nuclear Development“ das sog. Bipartisan Policy Center. „Bipartisan“ heißt: „parteiübergreifend“, oder im Klartext: was das Volk will und wen es wählt, ist egal. Eine auserwählte Elite bestimmt, bar jeder demokratischen Legitimation, wo es langgeht.
„Meeting the Challenge“ oder: der Herausforderung begegnen. Es ist also wieder einmal das beliebte und bewährte Schema, daß ein Angreifer in spe sich als Verteidiger gegen eine Herausforderung definiert. In diesem Falle müssen wir auf die nukleare Herausforderung durch den Iran reagieren. Hier liegt also aus Sicht der Verfasser und ihrer Hintermänner ein Verteidigungsfall vor. Die verantwortlich zeichnenden Verfasser: das sind eine Handvoll Ex-Militärs, einige Ex-Regierungsmitglieder sowie ein Herr aus der gerade abgewickelten Lehman-Bank.
Und, um es gleich zu sagen: das Memorandum befindet sich auf niedrigem Argumentationsniveau. Beweise und objektive Bewertungen der Quellen, wie man sie von Papieren des Council on Foreign Relations gewohnt ist, finden sich hier nicht. Es handelt sich um ein Werbepamphlet, das nur ein einziges Produkt anpreist: den Schulterschluß mit Israel im Krieg gegen den Iran. Unbewiesene Behauptungen werden durch andere unbewiesene und zum größten Teil längst widerlegte Behauptungen „untermauert“. Das ganze hat starke Ähnlichkeit mit jenen Argumentationsketten, mit denen Tony Blair oder Außenminister Powell Saddam Hussein zum akuten Sicherheitsrisiko hochgekocht haben.
Hier in Kurzform die Kernthesen des Pamphlets:
* Der Iran bringt mit seiner eigenmächtigen Entwicklung von Atomwaffen das zerbrechliche Gebilde des Atomwaffensperrvertrages durcheinander. Dazu ist zu sagen: erstens hat der Iran noch keine Atomwaffen gebaut. Im Gegensatz zu Israel ist Iran dem IAEA-Regime beigetreten, und arbeitet mit der Behörde zusammen – im Gegensatz zu Israel. Dagegen haben die USA gerade eben mit Indien einen Nuklearvertrag abgeschlossen. Indien gehört dem IAEA-Regime nicht an. Damit haben die USA alle Atomwaffenverträge in wertlose Schreddermasse verwandelt.
* Der Iran sei größter Exporteur von Terrorismus weltweit und deshalb eine akute Gefahr für die Weltgemeinschaft. Damit wurde der Wanderpokal des Terrorweltmeisters von Ghaddafi – der jetzt eine braver Junge ist – an Saddam Hussein weitergereicht; und jetzt an den Iran. In vielen Denkschriften US-amerikanischer Think Tanks kann man dagegen nachlesen, daß der Iran sich durch die sunnitischen Al Quaida-Kommandos bedrängt fühlt, und punktuell in der Bekämpfung des Terrorismus, unter anderem im Irak, mit den USA zusammenarbeitet. Von schiitischen Terrorkommandos der Pasdaran ist auch nie die Rede, wenn CIA und FBI wieder ihre Bedrohungsszenarien der Öffentlichkeit vorstellen.
* Der Iran wolle Israel auslöschen. Dieses Papier bleibt den Beweis dafür schuldig. Aus gutem Grund. Denn das immer wieder angeführte Ahmadinejad-Zitat ist längst als grobe Fehlübersetzung entlarvt worden.
* Der Iran verstelle sich, wenn er auf der friedlichen Nutzung der Kernenergie besteht. Auch hier kein Beweis.
* Der Iran könne, wenn es darauf ankäme, innerhalb von vier Wochen Uran so anreichern, daß es in einem Krieg eingesetzt wird. Diese Behauptung widerspricht allen Geheimdienstberichten aus den USA. Hörten wir nicht schon einmal ähnliche Fabulationen über die wundersamen Erstschlagpotentiale eines Saddam Hussein?
* Gemäßigte Kräfte im Iran, allen voran Ex-Präsident Chatami, meinten es nicht ernst mit ihren Forderungen nach diplomatischem Ausgleich mit dem Westen. Das täten die nur, um von der iranischen Aufrüstung abzulenken. Dabei sagen einflußreiche Leute in den USA, unter ihnen Zbigniew Brzezinski, klipp und klar, der Iran sei nicht so hirnverbrannt, seinen Selbstmord durch einen Erstschlag in die Wege zu leiten.
* Die Europäer müßten ihre Verbindungen zu Iran kappen und sich dem amerikanisch-israelischen Kreuzzug anschließen.
* Der neue Präsident der USA müsse in ständiger Konsultation mit der israelischen Regierung stehen.
* Wenn weiterhin sich sowohl die USA als auch Europa in der Iran-Frage abseits halten, wird Israel möglicherweise ganz alleine einen atomaren Erstschlag gegen den Iran führen. Das ist die Sprache der blanken Erpressung: wenn ihr Israel unterstützt, wird Israel zur Belohnung nicht Amok laufen und unter Umständen die nukleare Auslöschung der Menschheit provozieren.
* Die vorzügliche „stille Zusammenarbeit“ zwischen dem US-Finanzministerium und den europäischen Banken (von deren Existenz wir auf diese Weise wenigstens in Andeutungen erfahren dürfen) muß sich auszahlen, wenn es um die Stillegung sämtlicher Finanzkanäle der Außenwelt zum Iran geht. Denn die iranischen Banken „täuschen“ die internationale Finanzwelt. In welcher Weise die iranischen Banken das tun, sagt uns das Pamphlet allerdings nicht.
* Sofortige Schließung aller Filialen von US-Firmen in Iran. Erstens soll Iran nicht an den technischen Errungenschaften der USA, wie z.B. Ausrüstung für eigenständige Ölbohrungen, saugen dürfen. Zweitens sollen nicht noch einmal US-Bürger als Geiseln in der Hand der Pasdaran die Zerstörung des Iran behindern.
* Das Ölförderland Iran muß immer noch 25% seines Benzinbedarfs aus dem Ausland einführen. Dieser Import muß sofort gestoppt werden.
* 80% der Einnahmen Irans stammen aus dem Ölexport. Diese Einnahmequelle muß gekappt werden.
* Sollten diese Maßnahmen den Iran nicht zur Kapitulation zwingen können, dann hilft nur noch: Krieg.
* Damit der Krieg geführt werden kann, und trotzdem die Ölversorgung der reichen Länder nicht unterbrochen wird, soll der gesamte Öltransport, der jetzt noch über den Persischen Golf abgewickelt wird, vorübergehend über Saudi-Arabien abgewickelt werden.
* Neben die militärische Attacke tritt die psychologische Kriegführung. Intensive Propaganda soll die iranische Führung von ihrem Volk isolieren. Von US-Undercover-Organisationen gesteuerte „Bürgerrechtler“ und „Gewerkschaften“ sollen diese Arbeit verrichten.
* Der Militäraufmarsch der US-Truppen und ihrer „Verbündeten“ soll u.a. über Georgien und Aserbeidschan erfolgen (nun ist also auch klar, in welchen Zusammenhang das Georgien-Abenteuer gehört). Zugleich soll ein verkappter Truppenaufmarsch in den beereits besetzten Ländern Afghanistan und Irak stattfinden. Ein Aufmarsch, der vorgeblich Afghanistan und Irak gilt, tatsächlich jedoch gegen Iran gemünzt ist.
* Schließlich sagt das Pamphlet ganz offen, daß es nicht darum geht, eine (erfundene) iranische nukleare Bedrohung abzuwenden; sondern es geht um die vollständige Niederwerfung Irans, ganz nach dem Muster Jugoslawiens: „Ein militärischer Schlag wird nicht nur die nukleare Infrastruktur zum Ziel haben, sondern auch seine (konventionelle) militärische Infrastruktur, um eine iranische Antwort zu unterdrücken.“
* Sodann wird Iran als kastrierter Rumpfstaat unter ständiger Überwachung und Vormundschaft der „Weltgemeinschaft“ stehen (oder besser: knien oder liegen).
So weit die apokalyptischen Reiter des „Bipartisan Policy Center“.
Es ist auf USAControl schon öfter darauf hingewiesen worden, daß Obama den Abzug US-amerikanischer Soldaten aus Irak veranlassen will, um genau diese Soldaten dann in Afghanistan, Pakistan und Iran einsetzen zu können. Im Irak geht dann sowieso das Schlachten weiter. Denn schon jetzt befinden sich im Irak 180.000 Söldner. Die werden selbstverständlich nicht abgezogen, sondern nur die 130.000 Soldaten der Vereinigten Staaten von Amerika. Was Obama uns da zumutet, ist also reiner Etikettenschwindel. Privatsöldner unterstehen übrigens keiner Gerichtsbarkeit. Nirgendwo.
Nun hat Obamas prospektiver Vizepräsident Joe Biden am 25. Oktober vor zwei geschlossenen Auditorien der Demokratischen Partei in Seattle kein Blatt vor den Mund genommen über die Regentschaft Obama/Biden. Ein öffentlich zugängliches Protokoll gibt es nicht. Jedoch hat ein Anonymus mitgeschrieben, und so hat der Journalist Patrick Martin aus den Aufzeichnungen zitiert.
In Seattle deutete Biden an, Obama werde sofort nach Amtsantritt einer weltpolitischen Zerreißprobe ausgesetzt: „Es dauert keine sechs Monate, daß die Welt Barack Obama auf die Probe stellt wie einst John F. Kennedy … Wir werden eine internationale Krise haben, eine gemachte Krise, die das Durchhaltevermögen dieses Burschen testen wird.“ Obama wird in einer „gemachten Krise“ „getestet“. Klingt genau wie in dem oben referierten kriegerischen Pamphlet. Mögliche Testfelder des jung dynamischen Obama könnten sein: Mittlerer Osten, Afghanistan, Pakistan, Nordkorea oder Rußland: „Sie werden ihn erproben wollen. Und sie werden merken, daß dieser Bursche Nerven wie Drahtseile hat.“
Jawohl. Wieder sind es die Anderen, die provozieren, erproben und aufreizen. Die Amerikaner müssen auf Attacken reagieren. Und dann müssen sich die Funktionäre der Demokratischen Partei und ihre Sympathisanten wie ein Mann um ihre Führer scharen: „Wenn Sie denken, die Entscheidung hat Hand und Fuß, wenn sie getroffen wird, wovon ich mal ausgehe, dann werden sie wahrscheinlich nicht so sehr beliebt sein, wie sie solide sind. Denn wenn sie beliebt sind, dann sind sie wahrscheinlich nicht solide.“
Alles klar? Soll nichts anderes heißen als: das Volk ist dumm und weiß nicht, was gut tut. Was not tut. Das ist das Credo der US-Oligarchie seit dem Ende des Amerikanischen Bürgerkriegs 1866. Die Eliten dürfen sich definitiv nicht um demokratische Legitimationen kümmern, sonst geht alles den Bach runter.
Zum Beispiel der Einsatz von Atomwaffen. Das ist sicher unpopulär. Dennoch muß man doch anerkennen, daß der Einsatz von Atomwaffen immer wahrscheinlicher wird. Da zwingt Nordkorea mit seinen Atomwaffen (an deren Existenz Experten berechtigte Zweifel hegen) Japan, ebenfalls eine Atommacht zu werden. Man darf gestrost davon ausgehen, daß die USA Nordkorea immer wieder am Laufen hält mit regelmäßigen Geldzuwendungen, damit, mithilfe von Nordkorea als atomarer Pappkulisse, in der japanischen Öffentlichkeit die Akzeptanz einer eigenen massiven Wiederbewaffnung stetig zunimmt. Die bisherigen Erfolge geben der US-amerikanischen Kalkulation Recht. Damit sitzt China ein insularer Aufpasser im Nacken. Das, so wieder Biden, wird die atomare Aufrüstung in China forcieren. Und der selbsterklärte Überzeugungs-„Zionist“ Biden warnt: „Pakistan klappert schon mit Nuklearwaffen, die alle Israel treffen können.“ Logisch. Da die USA seit kurzem Pakistans Rivalen Indien als Atommacht aufbläht, fühlt sich Pakistan unter Handlungszwang. Schließlich warnt Biden noch ganz im Geiste des oben ausgeführten Pamphlets vor der angeblichen atomaren Aufrüstung Irans.
Doch auch die Innenpolitik soll zum Tal der Tränen für die einfachen Amerikaner werden, dafür bürgt Joe Biden: „Ich verspreche Ihnen, die sie hier sitzen; in einem Jahr werden sie sich fragen: ‚Mein Gott, warum sind sie (Obama und Biden) so weit unten in den Umfragen; warum fahren die so einen harten Kurs? Wir werden einige unglaublich harte Entscheidungen treffen müssen in den ersten zwei Jahren.“